Der Kapitelsaal

Von Dietrich Alsdorf

Zu den Räumlichkeiten innerhalb der Klausur gehört der bedeutsame Kapitelsaal zu den am meisten vernachlässigten Bereichen.
Das hat vor allem damit zu tun, dass jener Bereich des Ostflügels an die einstige Klosterkirche anschloss und hier heute eine Erdaufschüttung jegliche Erforschung verhinderte (siehe hierzu die Beiträge über den südlichen Kreuzgang und den Klosterturm). Diese Aufschüttung sollte schon im 17./18. Jhd. den Verlust des dort anschließenden Ostflügels und des Kreuzgangs kompensieren, was nur ungenügend gelang. Die Statik der Klosterkirche, insbesondere die Nordwand, ist durch den Verlust der stabilisierenden Klausur instabil geworden.

Grabungen im Bereich des Kapitelsaals Ende 1981.

Ein anderer Grund ist, dass besonders der Bereich des Kapitelsaals über die Jahrhunderte hinweg starken Veränderungen ausgesetzt war, zuletzt durch die Verlegung ins Hochparterre, was mit den schon damals hohen Wasserständen zu tun hat.
Im Gelände ist heute dieser einst so wichtige Bereich etwas verschämt als Rasenfläche dargestellt und lässt jeden Besucher ratlos zurück.
Dabei befand sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand genau hier jenes repräsentative Gebäude der Harsefelder Burg, dass damals zu Beginn des 11. Jahrhunderts seitens der Udonen den Stiftsgeistlichen übergeben wurde, bevor sie nach Stade übersiedelten.

Steinpackungen und Mauern der einstigen Burg.

Von diesem massiven Nord-Süd ausgerichteten Gebäude entwickelte sich in den weiteren Jahrzehnten die Klausur. Vor hier aus wurde, die Nord-Süd-Ausrichtung übernehmend, der rechteckige Kreuzgang geplant, der im Südwesten in die damalige Stiftskirche (Grablege, ehemalige Burgkapelle) hineinführte.

Die Klausur während der Platzgestaltung 1984. Ganz rechts im Innenhof die Steinlagen der Burg bzw. Stifts.

Eine archäologische Untersuchung der Steinfundamente unter Ostflügel und Innenhof wurde aus Zeitmangel in die Zukunft verschoben.

Der Ostflügel der Klausur „begräbt“ die älteren Baubefunde, 1984.

Wenn Sie den Klosterplan am Anfang dieser Seite betrachten, wird Ihnen auffallen, dass die Klosterkirche deutlich von der Nord-Süd-Ausrichtung der Klausur abweicht.
Die Stiftsgeistlichen mussten sich damals mit ihrem Projekt „Stift“ an die örtlichen Gegebenheiten ausrichten. Die zur Stiftskirche umgewidmeten Burgkapelle konnte schließlich nicht einfach „angepasst“ werden. In ihrem Innern verwahrte sie die Familiengrabstätte der Udonen. Die spätere Klosterkirche passte sich in ihrer Ausrichtung dann an die ältere Stiftskirche an.

Einer der wuchtigen Fundamente für das Kreuzgewölbe des Kapitelsaals, 1981.

Zwei Bauhorizonte im Bereich des Vorraums zum Kapitelsaal.

Fanden in diesem Becken die vorgeschriebenen rituellen Waschungen statt?

Diese Zisterne außen an der Ostwand des Kapitelsaals sammelte Regenwasser für die rituellen Waschungen.

Der Eingang vom Kreuzgang in den Kapitelsaal. Die hier liegenden kostbaren Stufen wurden beim Abbruch des Klosters entfernt.

Fundament für eine Grabplatte im Kreuzgang vor dem Eingang in den Kapitelsaal.

Der Kapitelsaal, der im Zuge des Ausbaus der Klausur nach und nach in den Baukomplex eingepasst wurde, diente als Versammlungsort der späteren Mönchsgemeinde. Hier wurden Äbte gewählt, hier wurden hohe Feste begangen und hier wurden – das haben die Grabungen ergeben – auch Würdenträger und Stifter bestattet.