Archäologische Denkmale am Wegesrand

Von Dietrich Alsdorf

In diesem kleinen Beitrag möchte ich einige sehenswerte, teilweise auch kuriose archäologische Denkmale vorstellen, die etwas versteckt im Bereich der Samtgemeinde liegen und dem interessierten Leser vielleicht unbekannt sind. Alle diese Denkmale haben ihre eigene Geschichte zu erzählen …

Der Rillenstein von Hollenbeck

Der erste Tipp führt ins benachbarte Hollenbeck. Dort steht vor dem Dorfgemeinschaftshaus (in Ortsmitte rechts Richtung Bargstedt abbiegen) in der Straße Unterdorf ein merkwürdiger Findling mit tief eingeschnittener Rille in einem eisernen Fuß. Ein so genannter „Rillenstein“, den die Archäologie in Verbindung mit kultischen Handlungen in urgeschichtlichen Zeiten bringt. Aufgrund seiner auffälligen Form dürfte er ein Zeugnis eines „Phalluskultes“ gewesen sein.

 

Der Hollenbecker Rillenstein vor dem Dorfgemeinschaftshaus. Der Hollenbecker Rillenstein vor dem Dorfgemeinschaftshaus.
Die Aufstellung des Hollenbecker Steines im Jahr 2015 beendete eine schier unglaubliche, rund 115 Jahre währende Odyssee quer durch den Landkreis und ist eng verbunden mit Leben und Karriere des 1898 im Forsthaus Hollenbeck geborenen Willi Wegewitz. Schon als kleiner Junge fällt ihm der ungewöhnliche Stein im Garten der Försterei auf. Entdeckt und freigelegt wurde er, so wird vermutet, beim Bau des Hauses oder Anlage des Gartens. Als der Junge im Spätsommer 1905 aus der Schule kommt, ist der Stein weg – sein Vater als königlicher Förster hat den Stein als Denkmal für den befreundeten Förster Leske hergegeben, der inmitten seines Reviers, dem Neukloster Forst tot aufgefunden wurde.

Wegewitz vergaß den Stein seiner Kindheit, entdeckte als Dorflehrer in Ahlerstedt seine Liebe für die Archäologie, wurde erster Kreisarchäologe des Landkreises Stade und wenig später Leiter des Harburger Helms-Museums.

Rund 50 Jahre nach Verschwinden des Steins stand Wegewitz dann unvermittelt im Dickicht der Neukloster Forst vor dem Relikt seiner Kindheit. Ein Betriebsausflug des Museums mit Besichtigung der dortigen Kreuzsteine hatte den Archäologen durch Zufall zu dem inzwischen verfallenen Gedenkort des längst vergessenen Försters Leske geführt. Doch es sollten trotzdem noch etliche Jahre dauern, bis Wegewitz eines Tages Ende 1977 im soeben eröffneten Schwedenspeicher Museum stand und dem Verfasser sagte: „Ich habe da einen Stein für euch!“

So fand der Verfasser Ende 1977 den Rillenstein im Dickicht der Neukloster Forst vor. Die Gedenkstätte für den Förster Leske war längst verfallen, der Stein umgeworfen. So fand der Verfasser Ende 1977 den Rillenstein im Dickicht der Neukloster Forst vor. Die Gedenkstätte für den Förster Leske war längst verfallen, der Stein umgeworfen.

Die Museumsmannschaft rückte aus und rollte den Stein aus dem unwegsamen Gelände zu einem Weg, ein Kran hievte den Stein ins Museum.

Der Rillenstein im Schwedenspeicher-Museum Stade 2012. Der Rillenstein im Schwedenspeicher-Museum Stade 2012.
Im Rahmen einer umfassenden Umgestaltung des Museums wurde der Stein nicht mehr benötigt und kam zurück nach Hollenbeck. Der Schmied Oliver Barth fertigte für den Stein einen Sockel aus Stahl. Am 12. September 2015 wurde das Relikt aus ferner Vorzeit feierlich eingeweiht.

Das Ottendorfer „Großsteingrab“

Von Hollenbeck geht es weiter Richtung Süden, nach Oersdorf. Wir fahren durch diesen Ort und folgen der Straße Richtung Wense. In der Ortsdurchfahrt Kohlenhausen aber biegen wir nicht nach rechts ab sondern fahren geradeaus weiter. Hier beginnt der so genannte „Napoleonsweg“, ein schnurgerader historischer Heer- und Pilgerweg, der seit Jahren durch den Ottendorfer Heimatverein und vor allem Johann Eckhoff mit zahlreichen teils riesigen Findlingen gesäumt wird. Alle sind bestimmten, teils aktuellen geschichtlichen Themen gewidmet und an sich schon einen Ausflug wert.

Ein wuchtiEin wuchtiger Findling weist auf den uralten Pilger- und Heerweg hin.ger Findling weist auf den uralten Pilger- und Heerweg hin. Ein wuchtiger Findling weist auf den uralten Pilger- und Heerweg hin.
Ein wuchtiger Findling weist auf den uralten Pilger- und Heerweg hin.


Wer aber den rund 2,5 Kilometer langen „Napoleonsweg“ durchfährt und an seinem südlichen Ende links in das Wäldchen abbiegt, sieht nach 150 Metern direkt am Weg ein wuchtiges, aus Findlingen gebautes Monument - die Nachbildung eines jungsteinzeitlichen Megalithgrabes

Der Steingrab-Nachbau liegt direkt am Weg. Der Steingrab-Nachbau liegt direkt am Weg.

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Solche Grabmonumente, errichtet aus tonnenschweren Findlingen, sind noch heute an verschiedenen Orten sichtbare Bauten der jungsteinzeitlichen Trichterbeckerkultur. Auch auf dem Gebiet der Samtgemeinde Harsefeld hat es diese Grabanlagen gegeben. Die meisten gingen wohl schon im Mittelalter verloren und das dabei gewonnene Steinmaterial wurde im Harsefelder Kloster verbaut.

Grund genug also für den Ottendorfer Johann Eckhoff und seine Mitstreiter, ein solches Grab nachzubauen und im Rahmen des „Napoleonsweges“ zu präsentieren.

Der Nachbau war ein regelrechter „Kraftakt“. Der Nachbau war ein regelrechter „Kraftakt“.


Im Frühjahr 2005 wurde dann mit finanzieller Unterstützung der Windparkstiftung mittels Radlader, Bagger und Kran sowie einer Auswahl passender Findlinge jenes Monument geschaffen, das heute so aussieht, als würde es seit Jahrtausenden dort bestehen.

Impressionen …

Dabei ist die Anlage kein reines Phantasieprodukt. In Kutenholz hatte es im 18. Jahrhundert noch ein vergleichbares Grab mit fünf Decksteinen gegeben.

Die Anlage in Ottendorf, wenn auch eine Nachbildung, vermittelt dem Besucher einen Eindruck von der gewaltigen Bauleistung der ersten jungsteinzeitlichen Bauern.