Von der Ruine zum Schmuckstück

Blick in die Baugeschichte unseres Museums

Von Dietrich Alsdorf

 

Das heutige Museum.

Die historischen Nachrichten zu unserem Museumsgebäude gehen zurück ins 18. Jhd., in die Zeit, als das ehemalige Klostergelände Sitz des königlichen Amtes Harsefeld war. Auf einem historischen Gebäudeplan von 1737 ist unser Gebäude „als das Gebäude neben der Amts-Stube“ eingetragen. Eine Nutzung ist nicht angegeben, vermutlich stand es leer.
Daher verwundert es nicht, dass das Gebäude „in Vorschlag gekommen (es) abzunehmen, demnach aber beizubehalten, vor besser erachtet werde.
Vermutlich spielten die Beamten schon mit dem Gedanken, dieses wesentlich größere Gebäude zu einem repräsentativen Gerichtsgebäude umzuwandeln. Das damalige, wesentlich kleinere Amtsstubengebäude befand sich angebaut an die Südost-Ecke unseres Gebäudes.

Blick auf die klosterzeitlichen Grundmauern des Vorgängergebäudes. Es handelt sich um Findlingsmauerwerk, dass an die ebenfalls klosterzeitliche Kopfsteinpflasterung angrenzte. Darüber der Bau von 1775. Fotos von den Grabungen 1983.

Vergleiche mit den historischen Gebäudeplänen zeigten, dass man 1775 lediglich die baufälligen Bauteile abtrug, um auf den klosterzeitlichen Fundamenten einen Neubau zu errichten, der heute das Museum beherbergt. Das alte Amtsstubengebäude wurde abgerissen.
Wie alt nun die Fundamente aus der Klosterzeit sind, ist nicht erforscht worden. Auch nicht welche Funktion das Gebäude innerhalb des dort befindlichen Wirtschaftshofes hatte. Zu vermuten ist, dass das Vorgängergebäude nach dem verheerenden Brand des Jahres 1546 entstand. In jenem Jahr überfiel der Ritter Joachim Pentz das Kloster und brannte es zu einem erheblichen Teil nieder. Der Wirtschaftshof erfuhr eine Neugestaltung, zu der auch der Neubau zerstörter Gebäude gehörte.
Der Neubau des Gerichtsgebäudes bestand zwar in seinem äußeren Erscheinungsbild aus neu in der wieder eingerichteten Ziegelei nördlich des Fleckens gebrannten Ziegel und Dachpfannen. Im Innern, das haben die Befunde während der Umbauarbeiten zum Museum ergeben, wurden aber Ziegel aus dem Abbruch verwendet.
Auch wurden für die Pflasterung im Gebäude teilweise der frühere Plattenfußbodens des klosterzeitlichen Kreuzgangs verwendet. Die heute im Museum verlegten Fliesen sind maßgenaue Nachfertigungen.

Reste der Pflasterung des Kreuzgangs des Klosters. Solche Ziegelfliesen wurden u.a. im Gerichtsgebäude verarbeitet. Grabungsfoto von 1882.

Bis zur Auflösung des Amtes Harsefeld im Jahre 1885 diente das Gerichtsgebäude als Ort der Rechtspflege. Hier gab es Gerichtsverhandlungen, wurden Verträge abgefasst und beglaubigt, Verhöre durchgeführt. Zahllose Konflikte, Rechtsstreitigkeiten wurden hier vorgetragen, Eheverträge unterzeichnet. Die abgetretenen, original erhaltenen Treppenstufen des Haupteingangs zeugen von jenen ungezählten namenlosen Menschen jener Zeit, die ein Anliegen „auf dem Amt“ zu klären hatten.

Das Gerichtsgebäude um ca. 1900. Zu jenem Zeitpunkt bereits unter Verwaltung des königlichen Forstamtes. (Foto: Samtgemeindearchiv.)

Nach der Auflösung des Amtes Harsefeld wurde der Amtshof mit seinen Gebäuden zum königlichen Forstamt. Das Gefängnis wurde abgebrochen, das Gerichtshaus zum „Försterhaus“, der Wohnung des Revierförsters.

 An die Zeit des königlichen Forstamtes erinnert heute noch neben dem Museum ein so genannter Jagenstein, mit dem in den Forsten die einzelnen Abteilungen abgegrenzt wurden. Dieser Stein wurde bei den Ausgrabungen 1982 gefunden.


Mit Umwandlung des einstigen Amtshauses und späteren Forstamts im Jahre 1951 zur Mittelschule und späteren Realschule änderte sich auch die Nutzung des „Försterhauses“. 1960 wurde das Gebäude der Realschule zugeschlagen, der Revierförster zog 1962 in einen Neubau um.
Aus dem historischen Gerichtsgebäude, an dem merklich der Zahn der Zeit zu nagen begann, wurde nun die Wohnung für den Schulhausmeister.

Blick vom Kirchturm auf das ehemalige Gerichtshaus und das sich nördlich anschließender Gelände, wo ab 1982 Park und Klosterteich entstand. (Foto: Samtgemeindearchiv.)

 Blick auf das Gebäude, ca. 1975.


Mit Umzug der Realschule in einen, am Ortsrand neu erbauten Schulzentrum, verfiel das einstige Gerichtshaus zunehmend. Zwar wurde es seitens des Fleckens als Eigentümer noch weitervermietet, für den grundsätzlichen Erhalt, über Ausbesserungen hinaus, sah man damals keine Notwendigkeit. Denn um etwa 1980 reifte der Plan das Amtshofgelände samt Amts- und Gerichtshaus für den Neubau eines Rathauses zu nutzen.

1981: Das verwunschene Gerichtshaus auf dem Amtshof.

Im Frühjahr 1981 begannen im Bereich des ehemaligen Schulhofs der Realschule, also zwischen Gerichts- und Amtshof, erste archäologische Ausgrabungen, um abzuklären, ob sich noch Überreste des hier vermuteten Benediktinerklosters im Boden befänden.
Untersuchungen, die sich insgesamt – mit Unterbrechungen – bis 1993 hinzogen und das historische Zentrum zu dem machte, was es heute ist.
Die Planungen für ein Rathaus wurden eingestellt, das Verwaltungsgebäude letztendlich an einem anderen Standort realisiert.

1981: Grabungen vor dem Gerichtshaus.

1982: Blick vom Turm auf die Grabung und dem Gerichtshaus.

1983: Die letzten Mieter zogen aus, das Gerichtshaus wurde Grabungsbüro.

Nun schoben sich die Grabungen an das Gerichtshaus heran, vor dem Gebäude wurde die alte Pflasterung des einstigen Klosterhofes freigelegt.

Bereits 1982 wurde nördlich des Gerichtshauses der heutige, malerische Klosterteich angelegt, also völlig neu ausgebaggert. Zur Klosterzeit befanden sich dort Weiden für Tiere sowie Ablagerungen für Abfall.

Blick vom Turm auf die Teichbaustelle.

 Langsam füllt sich der Teich mit Wasser, die Wege für den Klosterpark nehmen Gestalt an. Nun musste auch der neuzeitliche Anbau an das Gerichtshaus, ehemals Viehstall, weichen.

 Es geht los: von der Ostseite her beginnt der Abriss des Anbaus.

 Im Winter 1982/83 sah das Umfeld des Gerichtshauses nicht gerade einladend aus.

Das Gerichtshaus ca. 1984 kurz vor dem Umbau.

In den Jahren 1985/86 erfolgte der umfassende Umbau zum Museum.


 Das fertige Museum 1986.